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Der Like-Faktor – wie du dich bei anderen beliebt machst

Eine Psychologin über verbale und non-verbale Tipps und Tricks

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Nichts lässt unser prähistorisches Ego zufriedener schnurren als die erfrischende Genugtuung von unseren Mitmenschen gemocht zu werden. Das Prädikat „zwischenmenschlich für gut empfunden“ schwebt daher wie ein Damokles-Schwert über jeder Interaktion und kann für das Herdentier Mensch mitunter genauso essenziell sein wie die Luft zum Atmen. Doch wie genau erreicht man denn Sympathie? Das Ganze verhält sich etwas wie 9-Klasse Physikunterricht: Irgendwie sollte es ja echt nicht schwer sein, aber irgendwie ist es genau das. Einmal die Suchleiste mit „Wie hinterlasse ich einen guten Eindruck?“ gefüttert, schon wird man mehr oder weniger sanft ins Epizentrum eines regelrechten Informations-Tornados geschoben. Banale Anweisungen wie „Lächeln, damit man freundlich wirkt“ oder „Haare und Fingernägel gepflegt halten“, lassen einen leicht verzweifelt und halb beleidigt feststellen, dass die meisten angepriesenen „Tipps“ lediglich das kleine 1x1 der Höflichkeits-Etikette rezitieren. Da dies zweifellos nicht den Zenit der Weisheit darstellen kann, sind also Ratschläge gefragt, die mehr beinhalten als 0815-Basics der Zwischenmenschlichkeit.

Kommunikation ist ebenso differenziert zu betrachten wie der Mensch selbst. Es ist unmöglich alles anzuführen oder auch nur zu nennen, was dazu bereits an Wissen zu Tage befördert werden konnte. Zusätzlich muss im Kontext des täglichen Lebens stets die Alltagstauglichkeit mit in die Gleichung aufgenommen werden. Denn auch wenn beispielsweise das Weiten der Pupillen ein eindeutiges Zeichen für Anziehung darstellen kann, so ist es a) für den Laien unheimlich schwer zu erkennen und b) im schummrigen Licht einer Bar ohnehin nahezu unsichtbar.

Auch ich kann (leider) unmöglich die gesamte Fülle an Wissen präsentieren und reduziere mich daher auf das Servieren kleiner, aber bedeutungsvoller Wissenshappen aus dem unendlichen Universum „Mensch“.

Eine Entdeckungsmission in drei Akten:

Akt I: Nonverbale Signale

Lange bevor überhaupt nur ein einziges Wort unsere Lippen verlässt, kann die gesamte Begegnung bereits den Bach runter gehen. Über den genauen prozentualen Anteil, welchen die Körpersprache alleine beim Überbringen einer intendierten Botschaft ausmacht, streiten sich die Forscher:innen mit immer neuaufgesetzten Experimenten und Studien. Manche sprechen von 55%, manche von 72% und andere sogar von über 90%. Wie immer kommt es hierbei auf die Situation und viele weitere Faktoren an. Fest steht jedoch: Der Anteil der nonverbalen Kommunikation übersteigt den der verbalen. Wie sich eine Person verhält, bewegt und in Szene zu setzen vermag, wiegt demnach schwerer als das, was am Ende tatsächlich gesprochen wird.

Damit unsere zwischenmenschlichen Begegnungen nun von Erfolg gekrönt sind, sollte man also im Stande sein, grundlegenden Hinweise unseres Gegenübers entziffern bzw. die geeigneten Signale gleichermaßen aussenden zu können. 

Der Status Quo: Unbehagen vs. Behagen

Die einfachste und schnellste Möglichkeit herauszufinden, ob das Gegenüber Gefallen gefunden hat, ist auf Hinweise von Behagen (und Unbehagen) zu achten.

Allgemein gilt: Alles was ein Zurückziehen oder Wegdrehen von Gliedmaßen oder gar des ganzen Körpers zur Folge hat, deutet mit ziemlicher hoher Wahrscheinlichkeit auf ein inneres Unwohlsein der Person hin. Ziehen sich die Füße nach dem Stellen einer Frage unter den Stuhl zurück, oder wird der Torso leicht weggedreht, so hat mit Sicherheit der Inhalt der Frage einen ungeliebten Nerv getroffen. Auch das Platzieren von Gegenständen, wie beispielsweise eines Portemonnaies oder des Menükarten-Aufstellers zwischen zwei Personen, kann Aufschluss auf einen Wunsch nach Distanzierung geben und man sollte keine Zeit verschwenden fix das Thema zu wechseln.

Im Gegensatz dazu sind beispielsweise ein Hineinlehnen des Körpers, Neigen des Kopfes (dazu später mehr) oder das Baumeln des Schuhes vom Fuß, Zeichen für einen positiven Gesprächsverlauf. Schenkt man solchen Hinweisen sorgfältig seine Aufmerksamkeit, kann man mühelos eine Unterhaltung auch dann noch retten, wenn die Stimmung scheinbar gekippt zu sein scheint.

Hände hoch!

Zeige deine Handinnenflächen – oft. Denn dadurch entpuppst du dich als „harmlos“. In den seltensten Fällen sind Hände nicht an den physischen Verletzungen anderer beteiligt und daher ist das Offenbaren der leeren, offenen Handflächen quasi Urlaub fürs Gehirn. Das Zentrum für Bedrohungsmanagement gibt nun grünes Licht, sich voll und ganz auf das Gegenüber zu konzentrieren, anstatt mühevoll abzuwägen, ob möglicherweise Gefahr im Verzug ist.

Auf Tuchfühlung gehen

Geschickt platzierte Berührungen können einen immensen Unterschied in der Entstehung zwischenmenschlicher Beziehungen bewirken (egal ob romantisch oder platonisch). Einige Studien konnten zeigen, dass kurze, sanfte Berührungen (v. a. am Oberarm) während einer Unterhaltung zum einen sofortige und zum anderen lang anhaltende positive Effekte zur Folge hatten. Aber Vorsicht: Es ist dabei unabdingbar, auf die Reaktion des Gesprächspartners zu achten. Zieht dieser seinen Arm zurück oder distanziert sich (siehe Status Quo: Behagen vs. Unbehagen), so ist dies ein eindeutiges Zeichen dafür, dass man a) seine Hände bei sich behalten sollte und b) eher nicht auf das Entstehen einer tieferen Verbindung hoffen darf.‍

Going in for the triple kill

Augenbrauen hochziehen, Kopf neigen und lächeln – und zwar in dieser exakten Reihenfolge. Meine Lieblingskombination, direkt nach Waffeln mit Erdbeeren und Puderzucker.

Ein kurzes Hochziehen der Augenbrauen, sobald sich die Blicke treffen, zeigt nicht nur, dass man die andere Person wahrgenommen hat, sondern signalisiert zeitgleich Interesse. Das darauffolgende leichte Neigen des Kopfes nach links oder rechts, entblößt die Halsschlagader und signalisiert somit dem Unterbewusstsein, dass man sich fernab jeglicher Feindseligkeit bewegt. Denn, wie bereits angesprochen (siehe Hände hoch!), ist die Validierung einer Person als „ungefährlich“ die wichtigste Voraussetzung für die Entstehung von Sympathie. Haben wir nun diese Hürde erfolgreich gemeistert, ist das Kopfneigen gepaart mit einem authentischen Lächeln die Eintrittskarte, um als freundlich und vertrauenswürdig wahrgenommen zu werden. Ein willkommener Bonus: Man wirkt zudem attraktiver und sogar ehrlicher. Und das nicht nur vor dem Hintergrund eines romantischen Dates. Auch im Jobinterview kann man hiervon wunderbar profitieren.

Das Neigen des Kopfes funktioniert übrigens nicht nur über jegliche Situationen und Kulturen hinweg, sondern ist auch im Tierreich ein Erfolgsgarant. Man bedenke nur wie einfach einem das Leckerli aus der Hand gleitet, wenn der fellbedeckte, beste Freund den Kopf zur Seite legt… 

Akt II: Verbale Signale

Haben wir uns erfolgreich der positiven Körpersignale versichert, können wir nun unsere Aufmerksamkeit den eigentlichen Gesprächsinhalten widmen. Doch auch hier zeigt sich schnell: Im Grunde dreht sich alles darum, die Person in eine warme, kuschelige Decke des Wohlbefindens zu hüllen und sanft durch die Konversation zu geleiten. Ist die Mission „Glückseligkeitsburrito“ von Erfolg gekrönt, stehen die Sterne für erwiderte Sympathie schon wirklich, wirklich gut. Das Gesetz der Reziprozität besagt hierbei, dass Menschen gerne das zurückgeben, was ihnen entgegengebracht wird. Gelingt es also, dass sich das Gegenüber wertgeschätzt fühlt, so wird dies mit Sicherheit erwidert. 

Empathisch–Sympathisch

Das Einzige, mit dem man im Leben ungeniert angeben sollte, ist mit der Fähigkeit aktiv zuhören zu können. Die Betonung liegt hierbei auf aktiv. Dies beinhaltet, neben dem obligatorischen, kurzen Kopfnicken und dem interessiert-fokussierten Blick, auch die ein oder andere empathische Anmerkung. Menschen lieben es gehört und verstanden zu werden. Oft wird hierbei empfohlen, die letzten drei Worte des Gesagten (oder sogar ganze Sätze) zu wiederholen. Das empfinde ich jedoch vor dem Hintergrund einer entspannten Konversation als relativ ungeeignet. Nachzuplappern kommt nur dann gut an, wenn man bunte Federn und einen beeindruckenden Schnabel zur Schau stellen kann. Um also den Creep-Faktor nicht ungewollt in die Höhe schnellen zu lassen, gilt für alle Federlosen: Das Gesagte zusammenfassen und umformulieren – zu paraphrasieren. So kann man beispielsweise in Anschluss an die herzzerreißende Darlegung des 50h–Arbeitshorrors mit einem aufmerksamen „Deine Woche scheint wirklich sehr anstrengend gewesen zu sein“ schnell und einfach extra Punkte sammeln. 

Touching Bases

Der Volksmund rät weder über die eigenen religiösen noch politischen Einstellungen zu diskutieren, da dies eine unschuldige Unterhaltung schnell in ein verbales Schlachtfeld verwandeln kann. Dem stimme ich aus einem ganz wichtigen Grund zu. Menschen mögen es ganz und gar nicht ihre eigene Meinung verteidigen zu müssen. Das hält sie zwar keinesfalls davon ab, gerade dies zu tun (was auch in vielen Fällen absolut gut und richtig ist), jedoch erfüllt sie dieser Vorgang mit nichts außer leidenschaftlicher Abneigung. Wir schließen daraus folgerichtig: Sympathie entsteht vor allem dann, wenn ein Gefühl geteilter Ansichten herrscht. Es nimmt die Angst, sich für die eigene Meinung rechtfertigen zu müssen und schafft eine entspannte Gesprächsatmosphäre. Wohlgemerkt, alleine der Anschein einer gemeinsamen Ausgangsbasis wirkt hierbei Wunder. 

Der Chamäleon-Effekt

Isopraxismus ist der Fachbegriff für die Nachahmung bzw. Spiegelung von Verhaltensweisen des Gegenübers. Dies ist eine der wichtigsten Hilfsmittel um Rapport (eine Verbindung) herzustellen. Richtig eingesetzt entsteht der Eindruck sich mit einer Person auf derselben Wellenlänge zu bewegen.

Das Prinzip ist ganz einfach: Spiegle die Körperhaltung deines Gesprächspartners. Neigt dein Gegenüber den Kopf, neige den Kopf. Wird der Ellenbogen auf der Armlehne aufgestellt, platziere auch deinen Ellenbogen auf der Armlehne. Um hierbei nicht den Anschein eines übereifrigen Pantomime auf den Pariser Straßen zu erwecken, warte vor der Spiegelung bitte einige Sekunden ab.
Noch subtiler wirkt das überkreuzte Spiegeln. Werden die Arme überkreuzt, überschlägt man selbst die Beine und so weiter und so fort. 

Das Glas ist halb voll

Verwende positiv konnotierte Sprache! Es lässt einen automatisch in wohlwollendem Licht erstrahlen. Das menschliche Gehirn verbindet die verwendeten Attribute deiner Sprache, um sie anschließend auf deine Persönlichkeit zu projizieren. Lamentiert man also nonstop wegen des ach so nervigen, unordentlichen Mitbewohners, läuft man schnell Gefahr, in eben diese Kategorie geschoben zu werden. Nervig und unordentlich.

Außerdem: Menschen kategorisieren furchtbar gerne, furchtbar schnell und furchtbar endgültig. Einmal in eine Schublade gerutscht, bedarf es sehr viel Mühe, wieder aus dem Archiv gekramt und neu eingeordnet zu werden.

 Erzähl mir mehr!

Schon lange vermutet, nun endlich die Gewissheit: Die meisten Menschen hören sich gerne reden. Und das am liebsten über sich selbst. Eine Studie von Wissenschaftler:innen in Zusammenarbeit mit der Harvard Universität konnte sogar zeigen, dass sich selbst mitzuteilen genauso essentiell für das Wohlbefinden sein kann wie Essen oder Sex. Selbstoffenbarung ist also ein primäres menschliches Bedürfnis (und dabei muss man nicht einmal den G-Punkt finden). Mein Rat also: Einfach zuhören und mit geschickten offenen Fragen den Partner das Gespräch führen lassen.

Übrigens: Gehst du mit dem Offenlegen von persönlichen Details in Vorleistung, desto höher ist die Chance intime Informationen im Gegenzug zu erhalten (Gesetz der Reziprozität). Dieser mutuale Austausch führt letzten Endes dazu, sich verbundener und näher zu fühlen. 

Akt III: Digitale Signale

Ich will und werde gar nicht tiefer auf die Situation eingehen, in der sich unsere krisengebeutelte Welt derzeit befindet. Jedoch kann ich diese im Zeitalter der Online-Meetings und digitalen Gin-Tastings auch nicht ganz außer Acht lassen, da persönliche Begegnungen derzeit schließlich eine Rarität sind. Deshalb hier drei kurze, nützliche Tipps, um auch durch die Betrachtung einer Linse einen guten Eindruck zu hinterlassen:

Positioniere dich leicht schräg zu Kamera – frontal zu sitzen, kann aufdringlich oder sogar aggressiv wirken

- Auch im virtuellen Raum sollten die Handflächen beim Gestikulieren ab und an zu sehen sein, um einen handzahmen (sorry) Eindruck zu suggerieren

- Halte den Hintergrund neutral und ruhig (je chaotischer oder unaufgeräumter der Raum erscheint, desto chaotischer und unstrukturierter wird man selbst wahrgenommen)

Epilog

Ich höre jetzt schon die rauen Rufe aus den hinteren Reihen: „Das ist eine Anleitung zur Manipulation!“ – Hand aufs Herz: Natürlich ist es nicht abzustreiten, dass man sich einen Wissensvorteil verschafft hat, um daraus etwas Positives für sich selbst zu gewinnen. Hierbei aber von „Manipulation“ zu sprechen, ist etwas zu dramatisch ausgeschmückt. In jeglicher Art der zwischenmenschlichen Interaktion sollten negative Intentionen stets außer Frage stehen. Wenn ich meinem Gegenüber bewusst das Geld aus der Tasche sympathisieren möchte, dann ist das ein Fall von fehlgeleiteten Wesenszügen und nicht von Ausnutzen menschlicher Funktionsweisen. Es ist stets eine Frage dessen, wie man ein Instrument einzusetzen pflegt – Böse ist der Einbrecher, nicht das Brecheisen.

Das hier ist also in keiner Weise eine Aufforderung zum Besudeln einer unschuldigen Seele, sondern einfach nur eine simple und (hoffentlich) eingängige Hilfestellung für Personen, die gerne mal in Gesprächen nervös werden oder unsicher sind ob & wie sie bei den Mitmenschen gut ankommen. Ein einfacher Einblick in die wilde Welt der Psychologie.‍

Last but not least:

Auch wenn man sich alle Mühe gibt, um einen möglichst positiven Eindruck zu hinterlassen, kann es natürlich passieren, dass nicht nach der Handynummer gefragt wird oder das gewünschte Jobangebot ausbleibt. Und das ist auch richtig und gut so. Es ist kein Zeichen für das eigene Versagen. Im Gegenteil. Das Ziel ist nie, sich so zu verbiegen, um die mentale Checkliste des Gegenübers zur Gänze abhandeln zu können. Menschen sind wundervoll unterschiedlich, ebenso wie situative Umstände. Es ist daher manchmal absolut ausreichend, ein angenehmes Gespräch abzuschließen, welches beide Seiten mit einem guten Gefühl zurücklässt, auch ohne ein konkretes weiterführendes Ziel erreicht zu haben. Alles hat seine Zeit.

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