Das unbequemste Interview mit OnlyFans-Model Thanni Hoang
"Warum sollte ich kein Geld mit meinen Reizen verdienen, wenn ich es kann?"
Ich kenne Thanni schon seit einigen Jahren. Und zwar vor allem als das: eine krasse Frau. Durch und durch. Begegnet sind wir uns vor einigen Jahren in unserer damaligen Arbeit in einem Club hinter der Bar. Und schon da hat sie unmissverständlich deutlich gemacht: I don't take shit from anybody.
Diese Linie fährt sie auch heute noch. Denn die 30-Jährige ist nicht nur rund um die Uhr in der "klassischen" Business-Welt unterwegs, sondern seit Anfang 2022 so ganz nebenher auch noch auf OnlyFans vertreten. Und lebt diesen "Nebenjob" so casual, wie man es nur tun kann. Falsche Scham? Nicht mal im Ansatz. Sie steht zu dem, was sie macht. Eigentlich doch selbstverständlich im Jahre 2023, könnte man meinen – aber trotzdem: Um die Plattform ranken sich immer noch Vorurteile, User:innen werden immer noch dafür geshamed, offen mit ihrem Körper, ihrer Sexualität umzugehen.
Ich habe Thanni zum unbequemsten Interview getroffen.
Wäre ich ignorant, würde ich dich ganz provokant fragen: OnlyFans – wieso hast du's nötig?
Ich bin seit Jahren Playmate, mich hat eh schon jeder nackt gesehen. Also wollte ich das, so lange ich kann und das passende Aussehen dazu habe, monetarisieren. Ob ich mich nun for free kurz nackt im Badezimmer fotografiere oder damit Geld verdiene – da liegt eine smarte Entscheidung doch einfach nahe. Ist ein top Nebenverdienst.
Was genau erwartet deine Fans auf deinem Profil?
Ästhetische Bilder, ähnlich denen aus dem Playboy. Ich zeige meine nackte Brust und meinen Intimbereich, aber nicht in obszönen Posen – also keine Fotos von Anal Plugs oder einer gespreizten Pussy, auch wenn's diese Anfragen natürlich ständig gibt. Demnach auch keine Pornos. Aktuell kann man mich noch umsonst abonnieren, da finden die User dann aber nur harmlosen Content, der als Teaser dient. Wenn sie dann mehr wollen, schicken sie mir Geld.
Du bist auf Only Fans als eine Art "online Girlfriend" unterwegs. Explain, please!
Ich habe einige Fans, die auf der Plattform wirklich eine enge Bindung zu mir pflegen. Ich begleite sie den Tag über mit liebevollen und heißen Nachrichten. Sie erzählen mir von ihrem Tag, heulen sich über ihre Partnerinnen aus und kompensieren das mit fantasievoller Ablenkung wie Sexting, Dick Ranking etc. Sie bezahlen mir also ernsthaft Geld dafür, mir ein Dick Pic von sich zu schicken, und meine Bewertung einzuholen. Und glaub mir eins: Diejenigen, die auf sowas Bock haben, wissen ganz genau, was für einen riesigen Penis sie haben. Teilweise bin ich echt baff, haha. Die kleinen Penisse trauen sich das nicht.
Aber das Schönste für die Männer muss sein, nach einem anstrengenden Tag jemanden wie mich zu haben, die sich liebevoll erkundigt und sie ein bisschen ablenkt. Und dafür nehme ich mir auch wirklich Zeit.
Im Grunde verkaufst du gespieltes Interesse, gegaukelte Verbundenheit und Lust an Männer?
Naja, das Interesse ist ab dem Moment nicht mehr gespielt, wo ich bezahlt werde – so hart das auch klingen mag. Egal sind mir meine Kunden also definitiv nicht, irgendeine sehr platonische Art von "Beziehung" baue ich schon mit ihnen auf. Aber das Sexting beispielsweise macht mich selbst nicht geil, ich empfinde das als Dienstleistung. Und ganz ehrlich – manchmal ist es auch für mich ein kleiner Mood-Push, wenn ich einen dummen Tag hatte, und mir die Männer Honig um den Mund schmieren.
Wo ist deine Grenze?
Bei privaten Treffen. Ich habe dadurch zwar schon ein paar Stammkunden verloren, die das unbedingt wollen, aber das mache ich nicht.
Wäre der Preis hoch genug, wärst du käuflich?
Wenn er hoch genug wäre, ja, dafür müsste er aber schon wirklich seeeeehr hoch sein.
Was sind das für Männer, die dich bezahlen?
Alles dabei. Glücklich vergeben, unglücklich vergeben, verheiratet, alt, da ist alles dabei. Einer meiner Kunden ist Lehrer, der sagt, ihn würde der Kontakt mit "einer Frau meiner Herkunft" interessieren. Er würde nicht aus sexuellem Antrieb mit mir schreiben, sondern zu "Lehrzwecken" – und der stellt mir dann auch wirklich nur Fragen zu meiner Erziehung und Kultur. Verrückt, ich weiß. Aber im Grunde sind die meisten Männer auf der Plattform tatsächlich unheimlich respektvoll, höflich und aufmerksam.
Du arbeitest Vollzeit. Sitzt du im Büro und machst mal eben kurz Nudes auf der Toilette?'
Das Chatten mache ich nach Laune, dann, wann ich Lust habe. In der Regel kriegen sie eine Nachricht von mir, wenn ich morgens aufwache. Ich wünsche ihnen einen schönen Tag, erkundige mich nach ihnen, schicke ihnen ein heißes Morning Selfie. Und im Laufe des Tages checke ich natürlich die Resonanz, auch im Büro, und antworte zum Beispiel in der Mittagspause.
Wie offen gehst du damit unter Kolleg:innen um?
Komplett unverblümt. Immer, wenn ich einen Deal mache, fragt meine Kollegin mich: "Na, hat's wieder ka-tsching gemacht?" Ich muss echt sagen, es gibt kaum blödes Gelaber. Vielleicht bin ich aber auch einfach nicht der Typ Mensch, der das zulässt. Ich glaube wirklich, dass die Menschen, die mich kennen, Angst vor den Folgen hätten, haha.
Kannst du das von deinem Privatleben trennen? Du bist schließlich auch verheiratet.
Ich gebe auf Only Fans nicht vor, jemand anderes zu sein. Ich bin dort sehr offen und ehrlich und kommuniziere auch, dass ich einen Mann habe. Manche meiner Kunden erkundigen sich auch regelmäßig nach ihm, haha. Aber natürlich gibt es auch Fans, die online auf jeder Plattform, auf der sie mich finden, ihr Glück probieren.
Was hält dein Mann davon?
Er liebt es! Er sagt immer: "Baby, wenn du Aufmerksamkeit von anderen bekommst, kann ich so lange in Ruhe arbeiten." Er freut sich immer für mich mit, wenn ich ihm davon erzähle, dass jemand mir ein schönes Kompliment oder ein Geschenk gemacht hat. Manchmal macht er sogar die Fotos. Wir tauschen uns darüber regelrecht aus und alle feiern ihn dafür (lacht). Es war von Anfang an kein Problem. Ich meinte, ich will das ausprobieren und er meinte: Off you go! Er ist der Beste.
Was war die absurdeste Anfrage, die du je bekommen hast?
Ob ich meine Kacke verschicken kann. Gut, ich dachte mir, ich muss auch die von meinem Hund einsammeln, warum also nicht auch die eigene? Hab ich aber nicht gemacht, weil ich Angst davor hatte, was zur Hölle der damit machen will?! Ist ja schließlich meine DNA drin (lacht sehr laut).
Was kotzt dich an OnlyFans an?
Dass es unfassbar viele erfolgreiche Leute dort gibt, die einen Scheißhaufen Geld machen, obwohl sie selbst gar nicht ihren Account betreiben, sondern alles in die Hände von Agenturen geben. Schlechter Service. Da denke ich mir schon manchmal: Ihr Ärsche, folgt doch alle mir! Ich bin wenigstens echt (lacht).
Es gibt ja immer noch viele Menschen, die das Konzept von Selbstbestimmung und Empowerment nicht verstanden haben. Sie glauben, dass Frauen, die bewusst mit ihren Reizen spielen, weniger wert sind. Was sagst du diesen Menschen?
Dass sie dumm sind. Wo keine Nachfrage wäre, gäbe es kein Angebot. Es ist doch das Gegenteil: Während wir das machen, worauf wir Lust haben, leben wir Empowerment. Im 21. Jahrhundert gibt es unendlich viele – und vor allem einfache – Wege, um Frauen zu unterstützen, und trotzdem scheißen manche Leute einfach immer noch rein. Ich mache die nicht zu meinem Problem.
Credits: @thanni.hoang fotografiert von @lebefrauu