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Nur Liebe

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Die Möglichkeiten, durch Taten die Botschaft "Ich liebe dich" zu sagen, sind unendlich. Meine Mutter sagt "Ich liebe dich", wenn sie unser Lieblingsessen für uns zubereitet. Meine Schwester sagt mir "Ich liebe dich", wenn sie während des Essens aufsteht und mir ein Glas Wasser bringt. Und obwohl wir uns nicht immer verstehen und vielleicht nicht immer die gleiche Sprache sprechen, verstehe ich dieses Konzept genau. Eine Umarmung, ein Kuss, die Frage nach dem Wohlbefinden und ein Lächeln können ebenfalls Ausdrucksformen der Liebe sein.

Als Stieftochter, die von ihrem biologischen Vater verstoßen worden war, wurde mir von klein auf eingetrichtert, dass ich für immer dankbar für meinen Stiefpapa sein sollte, der meine Mama und mich aus dem Slum geholt hat.

Also dachte ich, Dankbarkeit durch Leistungen zeigen, damit der Papa sagt, dass er stolz ist – tolle Sache.

Ich war nie ganz. Nie war ich die vollwertige Tochter meines Papas, noch war ich nutzlos genug, um nur die Tochter meiner Mutter zu sein. Wenn es Streit gab, war ich die Vermittlerin. Wenn meine Schwester mich gebraucht hat, war ich die zweite Mutter. Als mein Papa nicht weiter wusste, war ich die zweite Partnerin.

Ich war nie nur ein Kind.

Doch weil ich Dankbarkeit zeigen musste, weil „Ich liebe dich“ nicht in Papas Sprachgebrauch vorkommt, sondern stattdessen „ich bin stolz" oder "enttäuscht" umso öfter, nahm ich meine Aufgaben und Pflichten ganz besonders ernst.

Und trotzdem war ich irgendwie nie gut genug. Meine Dankbarkeit ihm gegenüber nie genug, seine nichtssagenden Worte auch nie genug für mich.

Mit den ganzen Aufgaben, die so gar nicht für ein Kind vorgesehen waren, folgte die Isolation. Die Kinder in meinem Alter wollten nicht wirklich etwas mit mir zu tun haben. Oft hörte ich, ich sei anders. Ich sah anders aus und sie lachten, weil ich irgendwie ganz komisch meine Sätze bildete. Als hätte ich ein Gummiband am Arm, das jedesmal wie dünne Gitarrensaiten gezupft wird – so fühlte ich mich. Jede meiner Handlungen musste perfekt sein. Undankbarkeit und Enttäuschung waren ein Unding.

Und dann hat’s plötzlich peng gemacht.

Immer Leistung erbringen und nach Anerkennung ringen, um von Papa endlich richtig geliebt zu werden – das funktioniert nicht länger! Ich kann noch so viel tun und gewinnen, von Stolz und Lob alleine werde ich als Mensch nicht überleben können. Eine Seele kann nicht von Erfolg erfüllt werden, wenn niemand die gebrochenen Teile, die Makel, anerkennt.

Überstark sei ich gewesen. Doch mein Herz pumpt nicht, weil ich entschieden habe, stark genug für diese Welt zu sein. Stark genug, um Dinge zu tun, für die ich nie vorgesehen war. Nein. Mein Herz pumpt, weil ich die Welt mit Liebe füllen will.

Mit echter Liebe. Liebe, die irgendwie ganz warm ist. Die Liebe, von der man ganz rot wird im Gesicht. Eine Liebe, die darüber hinwegsieht, wie du aussiehst, ob du erfolgreich bist oder was du machst, damit du glücklich bist. Ich möchte verdammt nochmal „Ich liebe dich“ sagen, weil ich es kann!

 Die Moral von all dem?

Ich glaube, Dankbarkeit ist eine gute Sache. Aufopferung eher weniger. Und das hat sicherlich auch nichts mit Liebe zu tun. Ganz im Gegenteil. Es sollte nicht so schwer sein, jemanden zu lieben. Es sollte keine Währung für Leistungen sein.

Liebe sollte ganz fest sein, das Fundament. Nicht die Dankbarkeit. Nein, nur Liebe.

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