Das Experiment: In 10 Tagen eine Trennung verarbeiten (keine Anleitung)
„Bitte geh nicht daran kaputt“ sind die letzten Worte, die ich zu hören bekomme, bevor die Tür ins Schloss fällt. Wie ein verschreckter Käfer befinde ich mich in Schockstarre und sitze immer noch auf der Heizung, spüre, wie Träne für Träne über meine Wangen rollt und von meinem Kinn tropft.
Gestern Abend erzähle ich, dass ich seit Tagen das Gefühl habe, ich müsste weinen, doch nichts passiert. Keine 24 Stunden später platzt es aus mir heraus wie ein gebrochener Damm. Die schlimmste Art des Weinens, die Art, bei der der ganze Körper bebt und zuckt, sich vor Schmerz krümmt und nach Luft schnappt, bis kein Ton mehr zu hören ist, nur das leise Strömen salziger Tränen.
“Fuck, das ist hart“, flüstere ich zu mir selbst, weine einige Minuten vor mich hin. Was soll das heißen, bitte geh nicht daran kaputt? Dass ich emotional unstabil sei und nicht in der Lage wäre, eine Trennung zu verkraften? Nach zehn Sekunden Wut erstarre ich und frage mich ernsthaft, ob die nächsten Tage und Wochen wirklich problematisch grausam werden könnten, schließlich fängt mein neuer Job in 10 Tagen an. „Alles wird gut“, schallt es in meinem Kopf gegen meine Stirn. „Alles wird gut."
Wie ein Schlag ins Gesicht, ich kann an nichts anderes mehr denken. Ich habe unfassbare Angst, meine Brust fühlt sich an als würde sie demnächst platzen, mein Herz schlägt im Sekundentakt, als könnte es jeden Moment explodieren. „Darüber hast du doch immer so gelacht“, sage ich zu mir selbst. Kleinigkeiten, die mich an normalen Tag gestört hätten, lassen mich nun erschaudern. Ich versuche zu manifestieren, dass ich all diese Dinge ab sofort nur für mich tun werde, vielleicht zum ersten Mal in meinem Leben.
Das ist das letzte Mal, dass ich für zwei Personen wasche, koche, das Bett mache. Das letzte Mal das Bett teilen, das letzte Mal zusammen aufwachen. Trauer und Akzeptanz sitzen auf meiner Schulter und unterhalten sich. Fast verrückt, wie gut die beiden sich verstehen. Während ich alle Bilder von den Wänden nehmen, die durch deine Hände gemalt wurden, wird mir bewusst, dass du wirklich weg bist. Nicht nur dieser grauenhafte Teppich, den ich die letzten Jahre so gehasst hatte. Ich rolle ihn zusammen und plötzlich finde ich ihn gar nicht mehr so schlimm.
Ich dachte, wir hätten mehr Zeit mehr von alldem, was ich doch gar nicht mehr wollte? Du klebst in meiner Brust mit Gaffa Tape. 3…2…1. Ich reiße es ab. Autsch.
Ich wache auf und da ist es – mein neues Leben.
Das Gefühl, während ich den Mietvertrag für meine neue eigene Wohnung unterschreibe, lässt meinen Kopf beinahe platzen. Gänsehaut am ganzen Körper, gefolgt von einem warmen Schauer, der wie eine große Welle von Kopf bis Fuß durch mich hindurch strömt. Die beste Droge, die bisher durch meinen Körper geflossen ist. Ich bin sowas von bereit.